Employer Relations

Ob Employer Branding, Employer Communications oder Employer Relations – Unternehmen beschäftigen sich immer intensiver mit der Frage, wie sie neue Arbeitskräfte für sich gewinnen können. Einige sprechen bereits vom "War of Talents". Doch wie informieren sich potentielle Bewerber und wie treffen sie Entscheidungen? Was können Unternehmen beachten?

Die Universität Hohenheim/Stuttgart hat dazu unter Leitung von Prof. Dr. Claudia Mast eine Studie durchgeführt und die Erwartungen, Informationspräferenzen und das Verhalten während der Jobsuche repräsentativ untersucht. Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für die Unternehmen, die ihre Employer Relations verbessern wollen.

 

Zentrale Erkenntnisse

  • Über 40% könnten sich vorstellen, ihren Arbeitgeber zu wechseln oder sind aktuell auf der Suche.
  • Arbeitsklima und Gehaltsniveau sind die Themen, die bei der Jobsuche ausschlaggebend sind.
  • Bei einem konkreten Stellenangebot sind unternehmensbezogene Themen durchaus relevant (z.B. Mitarbeiterförderung, wirtschaftliche Situation, soziales Engagement), aber stellenbezogene Informationen sind wichtiger (Aufgaben, Verdienst, Arbeitszeiten).
  • Internet/Website und Gespräche im persönlichen Umfeld bzw. mit Mitarbeitern sind die wichtigsten Informationsquellen. Social Media wird von den Kommunikatoren überschätzt.
  • Die Arbeitgeberkommunikation sollte als eigenständiges Handlungsfeld an der Schnittstelle zwischen Personal- und Kommunikationsarbeit organisiert werden mit dem übergeordneten Ziel, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Mobilitätsbereitschaft und Themeninteresse

Würden Bewerber für die neue Stelle umziehen?

  • Für eine neue Stelle umziehen? Dazu wären zwar vor allem die Studierenden und Azubis bereit.
  • Von den abhängig Beschäftigten könnten sich zwar 43% Prozent vorstellen, den Arbeitgeber zu wechseln, aber nicht mal jeder Zweite wäre unter Umständen dazu bereit, in eine andere Region zu ziehen.
  • Bei den befragten Studierenden ist die Bereitschaft zu Mobilität deutlich stärker ausgeprägter: 9 von 10 Studierenden wären zu einem Umzug bereit.
  • Auszubildende sind Vergleich zu den Studierenden etwas stärker örtlich gebunden. Dennoch könnten sich insgesamt über 80 Prozent vorstellen, wegen einer attraktiven Arbeitsstelle in eine andere Region zu ziehen.


Welche Themen interessieren Bewerber bei der Stellensuche?

  • Alle Befragte sind stark an Arbeitgeberthemen, das heißt an allgemeinen Informationen über den Arbeitgeber, interessiert.
  • Geht es konkret um eine interessante Arbeitsstelle, steigt das Interesse an Arbeitgeberthemen nochmal deutlich an. Zwei von drei Studierenden, fast jeder zweite Auszubildende und mehr als jeder dritte Beschäftigte geben ein starkes Interesse zu Protokoll.
  • Für alle Befragten das Arbeitsklima und das Gehaltsniveau die Top-Themen. Gerade das Arbeitsklima spielt für jeden Vierten eine zentrale Rolle.
  • Informationen zur offenen Stelle interessieren mehr als übergreifende Unternehmensthemen - allen voran das konkrete Aufgabenprofil und Verdienstmöglichkeiten.
  • Bei den übergreifenden Unternehmensthemen ist vor allem interessant, was ein Unternehmen für seine Mitarbeiter tut.

Informationsquellen

  • Die meisten informieren sich auf der Internet-Seite des Unternehmens sowie durch Gespräche in ihrem persönlichen Umfeld und mit Mitarbeitern über potentielle zukünftige Arbeitgeber.
  • Sowohl für den Nachwuchs als auch für bereits Beschäftige spielen die Social-Media-Auftritte von Unternehmen und Bewertungsplattformen kaum eine Rolle. Sie schaffen es mit Abstand nicht unter die Top-5-Quellen. Häufig werden sie von der Unternehmenskommunikation als Kanal überschätzt.
  • Bei den abhängig Beschäftigten spielen klassische Medien eine wesentliche Rolle.
  • Studierende und Auszubildende gehen oft auf die Unternehmenswebsite.

Vier Job-Persönlichkeitstypen

Es lassen sich aus unter den Befragten 4 Persönlichkeitstypen identifizieren, die von Alter, Bildung und Geschlecht beeinflusst werden.

Die 4 Persönlichkeitstypen

  • Sicherheitsorientierte Materialisten ("Die Bequemen") sind nur mäßig an Arbeitgeberthemen interessiert. Vor allem der Verdienst, der Standort und der Umgang unter Kollegen sind ihnen wichtig.
  • Für veränderungsorientierte Materialisten ("Die Spieler") sind das eigene Aufgabengebiet und der Verdienst am wichtigsten.
  • Sicherheitsorientierte Idealisten ("Die Treuen") möchten am ehesten über das Tätigkeitsfeld der neuen Arbeitsstelle und über Leistungen eines potenziellen Arbeitgebers für seine Mitarbeiter informiert werden.
  • Veränderungsorientierte Idealisten ("Die Abenteurer") haben hingegen ein großes Interesse an Arbeitgeberthemen. Geht es um eine interessante Stelle, möchten sie vor allem weitere Informationen zur eigenen Verantwortung und zur Zusammenarbeit mit Vorgesetzten.


Verteilung in der Studie

  • Im Vergleich der drei Stakeholdergruppen sind Studierende stärker veränderungsorientiert und idealistisch geprägt.
  • Beschäftigte neigen dagegen mehr zur Sicherheitsorientierung und orientieren sich eher an materialistischen Berufszielen.
  • Auszubildende liegen dazwischen. Sie sind ähnlich veränderungsorientiert wie Studierende und gleichzeitig etwas stärker materialistisch orientiert.

Handlungsempfehlungen

Auf Multiplikatoren und Botschafter setzen:

  • Mitarbeiter: Gespräche im persönlichen Umfeld und mit Mitarbeitern sind für Jobsuchende extrem wichtig, um sich über einen neuen Arbeitgeber zu informieren.
  • Journalisten: Auch auf redaktionellem Wege lässt sich Aufmerksamkeit für den Arbeitgeber erzeugen und langfristig ein positives Image aufbauen.
  • Auch Eltern, Lehrer oder Professoren sind wichtige Multiplikatoren, die ein Unternehmen als Fürsprecher gewinnen kann.


Die richtigen Inhalte:

  • Bei den Employer Relations sollte das Unternehmen auf Themen setzen, die Bewerber am meisten interessieren. Das sind v.a. das Arbeitsklima, flexible Arbeitszeiten, Verdienstmöglichkeiten und die Stabilität des Unternehmens.


Der richtige Kanal-Mix:

  • Am erfolgversprechendsten sind die eigene Website und Multiplikatoren, um Botschaften zu platzieren.
  • Soziale Medien sind nur für die jüngeren Zielgruppen interessant. Allerdings werden sie nicht genutzt, um gezielt nach Informationen zu suchen.
  • Bewertungsplattformen waren für die Befragten kaum relevant.


Ansprache entsprechend der Persönlichkeit:

  • Es empfiehlt sich, die 4-Job-Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Informationspräferenzen und Themen bei Ansprache potentieller Bewerber beachten (evtl. Schnüren von speziellen Informationspaketen für die verschiedenen Gruppen).


Enge Zusammenarbeit zwischen HR und Kommunikation:

  • Arbeitgeberkommunikation als eigenständiges, strategisches Handlungsfeld entwickeln, um eine einheitliche Ansprache potentieller Arbeitskräfte sowie ein einheitliches Image zu gewährleisten (one voice policy).

Methode

  • Ziel des Forschungsprojektes war es, die Perspektive potentieller Bewerber - ihre Erwartungen, Informationsbedürfnisse und Mediennutzungsgewohnheiten - zu untersuchen.
  • Dafür wurden im Dez 2014/Jan 2015 insgesamt 833 Beschäftigte, 376 Studierende und 87 Auszubildende repräsentativ befragt, welche Informationen sie zu Arbeitgebern und Arbeitsstellen interessieren und aus welchen Quellen sie sich informieren.
  • Weiterhin wurden die generellen Einstellungen zum Berufsleben erhoben. Die Ergebnisse zeigen ein deutliches Informationsprofil für jede Bewerber-Gruppe.