88/88
Inwieweit Nudges als Gestaltungselemente in digitalen Umgebungen für die Unternehmenskommunikation eingesetzt werden können, hängt vor allem von technischen und ethischen Herausforderungen ab.
Das Forschungsteam stellt sieben wichtige Überlegungen vor, die Kommunikationsverantwortliche beachten sollten, wenn sie Digital Nudging einführen möchten.
Auf dieser Seite:
1. Flexibles Corporate Design
Identifizieren Sie Unternehmensrichtlinien und -instrumente, die beim Design einer Kommunikationsplattform oder -aktivität bedacht werden müssen. Sehr strenge Designrichtlinien können den Einsatz von Nudges verhindern. Dürfen diese jedoch modifiziert werden, bietet sich die Möglichkeit, Nudges direkt in die Unternehmensaktivität integrieren zu können.
2. Designaffinität
In den meisten Fällen lassen es standardisierte Plattformen nicht zu, digitale Nudges an die eigenen Unternehmensziele oder -merkmale anzupassen. Nutzen Sie eigene Plattformen oder Services (z. B. von der eigenen IT-Abteilung) oder geben Sie eine solche Plattform extern in Auftrag.
3. Beraterrolle
Verschiedene Kompetenzen und Rollen in der Unternehmenskommunikation beeinflussen welche Relevanz das Thema Digital Nudging für diese hat. Selbst wenn Digital Nudging nicht direkt von Ihnen umgesetzt werden kann, können Sie andere Stakeholder hinsichtlich solcher digitalen Kommunikationsinitiativen beraten.
4. Kulturelle Unterschiede
Menschen aus verschiedenen Kulturen und Regionen unterscheiden sich in ihrer kognitiven Wahrnehmung und Interpretation von z. B. Designelementen. Legen Sie deswegen den Fokus zuerst auf lokale und nicht auf internationale digitale Umgebungen.
„Und natürlich muss man auch bedenken, dass das was man für die westliche Welt designt, vielleicht in China nicht funktioniert. Ein Beispiel dafür ist die Farbe Rot, die Glück symbolisiert, während Grün dort keine solche Bedeutung hat. In den arabischen Ländern wird von rechts nach links geschrieben. Solche Sachen beeinflussen den Effekt einer Benutzeroberfläche."
5. Digitale Konvergenz
Wählen Sie die Plattformen für Digital Nudging sorgfältig aus: Bei Nudges ist ein konvergentes Design über verschiedene Plattformen und Geräte hinweg wichtig, um eine einheitliche Darstellung zu gewährleisten. Dafür ist es wichtig, im Vorhinein zu bestimmen, ob und wie effektiv die Nudges auf verschiedenen Plattformen und Geräten sind.
„Das Know-how ist definitiv eine Herausforderung. Ich kenne meine Kommunikationsfähigkeiten, aber ich bin kein Psychologe und mir fehlt es an Wissen über die Psychologie meiner Stakeholder und wie Nudges diese beeinflussen würden.
Ich bräuchte einen Experten, der sich nicht nur mit den psychologischen Effekten, sondern auch mit Businessstrategien auskennt und uns beraten kann. Damit könnten wir die Effektivität von Nudging evaluieren und uns potenziell intern Kompetenzen aufbauen."
Wolfgang Brunner, Senior Manager Digital Comms Strategy, Clariant
6. Ethische Dilemmata
Digitale Nudges werden oftmals bei prosozialen oder wünschenswerten Zielen eingesetzt. Die Schwierigkeit besteht darin, diese Ziele angemessen auszuwählen. Beachten Sie, dass Sie die Entscheidungsfreiheit nicht einschränken und dass es Möglichkeiten für Feedback gibt.
„Ich würde mit unserem Head of Communications darüber sprechen, inwiefern es ethisch und moralisch vertretbar ist, unsere Kundinnen und Kunden, auf welche Weise auch immer, zu beeinflussen. Aber ich glaube, es ist ein wichtiges Thema. Es geht um die Marke oder auch um das Vertrauen. Und wenn man damit nicht verantwortungsvoll umgeht, kann man der eigenen Marke damit einen großen Schaden zufügen."
7. Top down oder Bottom up
Einige Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer haben einen Bottom up-Ansatz empfohlen. Digitale Nudges sollten zuerst auf kleiner Ebene eingesetzt und ausprobiert werden. Der Top down-Ansatz hingegen ist vor allem für Unternehmen interessant, deren Kommunikation dezentral organisiert ist. Je dezentraler die Kommunikation organisiert ist, desto anspruchsvoller ist es eine neue Methode wie Digital Nudging für neue Kommunikationsinitiativen umzusetzen.
Das Forschungsprojekt umfasste folgende Schritte:
1.) Literaturrecherche
Für die Forschung wurde Literatur aus den Bereichen Verhaltensökonomie, Informationssysteme und Mensch-Computer-Interaktion gesichtet. Die Recherche konzentrierte sich dabei auf die theoretische Grundlage, Modelle zur Entwicklung sowie empirischen Untersuchungen zu Anwendungsmöglichkeiten von Digital Nudging.
2.) Interviews
Es wurden 13 halbstandardisierte Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Unternehmenskommunikation und verwandten Bereichen (z. B. Marketing, Human Ressources) aus 11 verschiedenen Unternehmen über Zoom und Microsoft Teams geführt.
Unternehmen, die an den halbstandardisierten Experteninterviews teilgenommen haben – eine Auswahl:
Wie kann die digitale Kommunikation noch effektiver gestaltet werden?
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wurde Digital Nudging als Schlüsseltrend im Communications Trend Radar 2021 ausgewählt. Der Communications Trend Radar ist ein Forschungsprojekt der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation. Die Studie beschreibt fünf Schlüsseltrends aus Gesellschaft, Management und Technologie, die die Unternehmenskommunikation in Zukunft beeinflussen werden.
Das Forschungsprojekt wurde geführt von: