Ethik-Kodex

Bisher konnte sich die Kommunikationsbranche noch auf keine allgemeingültigen ethischen Leitlinien zum Umgang mit Big Data verständigen. Dabei wäre dies ein entscheidender Schritt, um Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Legitimität aufzubauen und zu erhalten.

Deswegen sollen hier ethische Leitlinien zur Nutzung von Big Data in der strategischen Kommunikation vorgeschlagen werden, die auf Basis der Forschungsergebnisse sowie bestehender PR-Kodizes entwickelt wurden.

 

Zentrale Erkenntnisse

  • Die hier vorgestellten Leitlinien sollen als Vorschlag für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Big-Data-Anwendungen verstanden werden.

  • In Wissenschaft und Praxis besteht ein großer Diskussionsbedarf, inwiefern bestehende Kodizes für die Anwendung von Big Data in der strategischen Kommunikation ausreichen. Bei dieser Diskussion sollten die Chancen aber auch die Risiken für Organisationen und die Stakeholder berücksichtigt werden.

  • Ziel sollte es sein, verbindliche Leitlinien für das Berufsfeld zu definieren, die Kommunikatoren entlasten, die die Anwendung von Big Data legitimieren und das Vertrauen der Öffentlichkeit fördern.

Anwendung

  • Leitlinien 1 bis 4: Hier wird beschrieben, WAS zu den Big-Data-Anwendungen im Unternehmen kommuniziert werden sollte. Gefordert wird mehr Transparenz bezüglich der Nutzungsabsicht der Daten. Es sollte klar kommuniziert werden, wofür die Daten genutzt sowie welche persönlichen Daten dafür verwendet werden. Gleichzeitig sollte mehr Transparenz hergestellt werden, wie die persönlichen Daten analysiert werden. Und viertens sollte offen kommuniziert werden, wie reliabel die Analyseergebnisse sind. Diese vier Leitlinien sind zwar teilweise durch das Datenschutzgesetz abgedeckt, denn hier müssen die Nutzer der Verwendung persönlicher Daten zu bestimmten Zwecken zustimmen. Allerdings nimmt die Öffentlichkeit die Transparenz diesbezüglich als unzureichend wahr, was das Misstrauen gegenüber der Nutzung von Daten schürt.

  • Leitlinien 5 bis 10: Es wird verdeutlicht, WIE die Kommunikation zu Big-Data-Anwendungen stattfinden sollte. Dazu zählen die Einhaltung von Werten, Normen und Gesetzen, Aufrichtigkeit, Offenheit sowie Wahrhaftigkeit. Durch die Verpflichtung gegenüber dem Auftraggeber befinden sich Kommunikatoren in einem Spagat zwischen den Interessen des eigenen Unternehmens und jenen der Öffentlichkeit. Die Lösung ist eine funktionale Transparenz im Sinne des Kommunikationswissenschaftlers Peter Szyszka (2004): In Breite und Tiefe sollten die Organisationen immer so viel Transparenz zulassen wie nötig, um im Wettbewerb zu bestehen und die eigenen strategischen Vorteile zu nutzen. Auch diese strategische Transparenz fördert Vertrauen, wenn die Stakeholder die Transparenz subjektiv als ausreichend wahrnehmen.

  • Richtlinien 6 und 7: Diese beiden Richtlinien sind besonders zu betonen. Bewusste oder unbewusste Irreführung und Diskriminierung müssen vermieden werden. Zudem ist es unerlässlich, die Instrumente und Methoden der Big-Data-Anwendungen soweit zu durchdringen, dass beurteilt werden kann, ob die Ergebnisse verlässlich sind oder nicht.

Empfehlungen für den Umgang mit Big Data

Durch einen intransparenten Umgang mit Nutzerdaten wurde in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt und die Akzeptanz für eine datenbasierte Kommunikation hat in der Öffentlichkeit stark gelitten. Für eine Studie des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation wurden über 8000 Bürger aus acht europäischen Ländern repräsentativ befragt, was sie über den Umgang mit ihren persönlichen Daten und Privatheit denken.

  • Die Studie zeigt: Die befragten Europäer stehen dem Phänomen Big Data eher skeptisch gegenüber. Weniger als ein Drittel erkennt darin mehr persönliche Vorteile, bei mehr als der Hälfte der befragten Nutzer überwiegen in der persönlichen Einschätzung die Nachteile. In Deutschland sind es sogar 62 Prozent.

  • Es wird deutlich, dass wenn Unternehmen das Potenzial von Datenanalysen dauerhaft ausschöpfen wollen, müssen sie Vertrauen aufbauen. Vertrauen bildet die Basis für eine stabile und langfristige Interaktion zwischen Bürgern und Institutionen.

  • Um Vertrauen aufzubauen, benötigen Unternehmen verständliche AGBs, ein höheres Maß an Transparenz, kein Kleingedrucktes, individuelle Einstellungsmöglichkeiten zur Privatsphäre, öffentliches Nutzerfeedback sowie eine bekannte und etablierte Marke.

Methode

Die vorgestellten ethischen Leitlinien wurden im Rahmen des Forschungsprojekts basierend auf den bereits bestehenden Kommunikationskodizes entwickelt. Im Rahmen der Experteninterviews wurde deutlich, dass ethische Richtlinien gerade auch für die Praxis sehr relevant sind. Die zehn Leitlinien stellen einen ersten Vorschlag dar, auf deren Grundlage weiter diskutiert werden kann.